Bei einem Workshop während eines Projekts für einen Auftraggeber, ein namhaftes IT-Unternehmen, sollte ich einen Vortrag über Lokalisierung halten. Was unterscheidet eine Lokalisierung von einer Übersetzung?
Zunächst mal muss man in beiden Sprachen und Kulturen sattelfest sein. Will sagen: Wenn ich ein amerikanisches Sprichwort höre, dann muss mir dazu das entsprechende deutsche einfallen, und umgekehrt. Oder ich muss wissen, dass es keins gibt. So schmerzt es dann zu lesen, dass ein Übersetzer „out of the frying pan into the fire“ wörtlich übersetzt, obwohl es dazu die schöne Entsprechung „vom Regen in die Traufe“ gibt.
Das spielte beim IT-Unternehmen keine Rolle, da man in den Texten auf der Website, für die ich zuständig bin, nicht so mit Sprichwörtern um sich schmeißt. Da muss man allerdings oft einen Werbetext umschreiben: Die überschwengliche Selbstglorifizierung, die in anderen Ländern (gerne auch in China und den USA) ganz normal ist, würde in Deutschland gar nicht gut ankommen. Die sachlichen Deutschen finden das peinlich und würden nur mit den Augen rollen. Sie haben immer wenig Zeit, weil sie ja noch ein Auto erfinden müssen oder ähnliches, und wollen die Fakten knapp und übersichtlich untereinander aufgereiht sehen, die sie dazu bewegen sollen, den Server von der Firma XY zu kaufen. „Outstanding“ und „advanced“ sind keine Fakten. Daher müssen diese Texte lokalisiert werden, nicht übersetzt. Der Ton ändert sich, der Text wird oft kürzer, und manchmal muss man sich, natürlich unter Rücksprache mit dem Kunden, noch ein paar zusätzliche Fakten ranholen, mit denen man den deutschen Markt kriegt.
Denken Sie mal dran, wenn Sie einen Text lesen, den Sie „leicht ulkig“ finden. Der wurde vielleicht nicht von einem herausragenden, fantastischen Übersetzer wie mir lokalisiert, sondern einfach nur übersetzt.
Wer mag, darf sich hier noch einen Zwinkersmiley denken. Den habe ich aber für meinen Geschmack weglokalisiert.